219
Strahlt die Sonne vielleicht durch heimliche Spalten und Klüfte?
Denn kein irdischer Glanz ist es, der wandelnde, dort.
Näher wälzt sich die Wolke, sie glüht. Ich staune dem Wunder!
Wird der rosige Strahl nicht ein bewegtes Gebild'?
Welche Göttin nahet sich mir? Und welche der Musen 15
Suchet den treuen Freund selbst in dem krausen Geklüft?
Schöne Göttin, enihülle dich mir und täusche verschwindend
Nicht den begeisterten Sinn, nicht das gerührte Gemüt.
Nenne, wenn du es darfst vor einem Sterblichen, deinen
Göttlichen Namen; wo nicht, rege bedeutend mich auf, 20
Daß ich fühle, welche du seist von den ewigen Töchtern
Zeus', und der Dichter sogleich preise dich würdig im Lied.
„Kennst du mich, Guter, nicht mehr? Und käme diese Gestalt dir,
Die du doch sonst geliebt, schon als ein fremdes Gebild'?
Zwar der Erde gehör' ich nicht mehr, und trauernd entschwang sich 25
Schon der schaudernde Geist jugendlich frohem Genuß;
Aber ich hoffte mein Bild noch fest in des Freundes Erinnrung
Eingeschrieben und noch schön durch die Liebe verklärt.
Ja, schon sagt mir gerührt dein Blick, mir sagt es die Träne:
Euphrosyne, sie ist noch von dem Freunde gekannt. 30
Sieh, die Scheidende zieht durch Wald und grauses Gebirge,
Sucht den wandernden Mann, ach, in der Ferne noch auf,
Sucht den Lehrer, den Freund, den Vater, blicket noch einmal
Nach dem leichten Gerüst irdischer Freuden zurück.
Laß mich der Tage gedenken, da mich, das Kind, du dem Spiele 35
Jener täuschenden Kunst reizender Musen geweiht.
Laß mich der Stunde gedenken und jedes kleineren Umstands;
Ach, wer ruft nicht so gern Unwiederbringliches an!
Jenes süße Gedränge der leichtesten irdischen Tage,
Ach, wer schätzt ihn genug, diesen vereilenden Wert! 40
Klein erscheint es nun, doch ach, nicht kleinlich dem Herzen;
Macht die Liebe, die Kunst jegliches Kleine doch groß.
Denkst du der Stunde noch wohl, wie auf dem Brettergerüste
Du mich der höheren Kunst ernstere Stufen geführt?
Knabe schien ich, ein rührendes Kind, du nanntest mich Arthur Z 45
Und belebtest in mir britisches Dichtergebild'.
Drohtest mit grimmiger Glut den armen Augen und wandtest
Selbst den tränenden Blick innig getäuschet hinweg.
Ach, da warst du so hold und schütztest ein trauriges Leben,
Das die verwegene Flucht endlich dem Knaben entriß. 50
Freundlich faßtest du mich, den Zerschmetterten, trugst mich von dannen.
Und ich heuchelte lang', dir an dem Busen, den Tod.
Endlich schlug die Augen ich auf und sah dich in ernste,
Stille Betrachtung versenkt über den Liebling geneigt. *)
*) Shakespeares „König Johann" wurde 1701 zum ersten Male in Weimar auf-
geführt. In diesem Stücke soll Arthur, der junge Neffe des Königs Johann, geblendet
werden (Iv 1) und kommt auf der Flucht beim Sprunge von einer Mauer um
(Iv, 3).
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221
Dich im tiefen Gedräng' staunender Hörer heraus!
Doch dort wirst du nun sein und stehn, und nimmer bewegt sich
Euphrosyne hervor, dir zu erheitern den Blick.
Du vernimmst sie nicht mehr, die Töne des wachsenden Zöglings, 105
Die du zu liebendem Schmerz frühe, so frühe gestimmt.
Andere kommen und gehn; es werden dir andre gefallen;
Selbst dem großen Talent drängt sich ein größeres nach.
Aber du, vergesse mich nicht! Wenn eine dir jemals
Sich im verworrnen Geschäft heiter entgegenbewegt,
Deinem Winke sich fügt, an deinem Lächeln sich freuet
Und am Platze sich nur, den du bestimmtest, gefällt,
Wenn sie Mühe nicht spart noch Fleiß, wenn tätig der Kräfte
Selbst bis zur Pforte des Grabs freudiges Opfer sie bringt,
Guter, dann gedenkest du mein und rufest auch spät noch:
„Euphrosyne, sie ist wieder erstanden vor mir!"
Vieles sagt' ich noch gern; doch ach, die Scheidende weilt nicht,
Wie sie wollte; mich führt streng ein gebietender Gott.
Lebe wohl! Schon zieht mich's dahin in schwankendem Eilen.
Einen Wunsch nur vernimm, freundlich gewähre mir ihn:
Laß nicht ungerühmt mich zu den Schatten hinabgehn!
Nur die Muse gewährt einiges Leben dem Tod.
Denn gestaltlos schweben umher in Persephoneias
Reiche massenweis Schatten vom Namen getrennt;
Wen der Dichter aber gerühmt, der wandelt, gestaltet,
Einzeln, gesellet dem Chor aller Heroen sich zu.
Freudig tret' ich einher, von deinem Liede verkündet,
Und der Göttin Blick weilet gefällig auf mir.
Mild empfängt sie mich dann und nennt mich; es winken die hohen
Göttlichen Frauen mich an, immer die nächsten am Thron. 130
Penelopeia redet zu mir, die treuste der Weiber,
Auch Euadnez, gelehnt auf den geliebten Gemahl.
Jüngere nahen sich dann, zu früh herunter gesandte,
Und beklagen mit mir unser gemeines Geschick.
Wenn Antigone kommt, die schwesterlichste der Seelen, 135
Und Polyxena^), trüb noch von dem bräutlichen Tod,
Seh' ich als Schwestern sie an und trete würdig zu ihnen;
Denn der tragischen Kunst holde Geschöpfe sind sie.
Bildete doch ein Dichter auch mich, und seine Gesänge,
Ja, sie vollenden an mir, was mir das Leben versagt." 140
Also sprach sie, und noch bewegte der liebliche Mund sich,
Weiter zu reden; allein schwirrend versagte der Ton.
Denn aus dem Purpurgewölk, dem schwebenden, immer bewegten,
Trat der herrliche Gott Hermes gelassen hervor.
Mild erhob er den Stab und deutete; wallend verschlangen 145
Wachsende Wolken im Zug beide Gestalten vor mir.
, ') Gemahlin des Kapaneus, der bei dem Sturme auf Theben gefallen war, ließ
sich mit der Leiche des Gatten verbrennen. — 2) Polyxena, die Tochter des Priamos, die
Braut des Achilleus, wurde nach der Eroberung von Jlios von den Griechen geopfert.
110
115
120
125
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224
Schon tut das Meer sich mit erwärmten Buchten
Vor den erstaunten Augen auf.
Doch scheint die Göttin endlich wegzusinken!
Allein der neue Trieb erwacht,
15 Ich eile fort, ihr ew'ges Licht zu trinken,
Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht,
Den Himmel über mir und unter mir die Wellen.
Ein schöner Traum, indessen sie entweicht.
Ach, zu des Geistes Flügeln wird so leicht
20 Kein körperlicher Flügel sich gesellen!
Doch ist es jedem eingeboren,
Daß sein Gefühl hinauf und vorwärts dringt,
Wenn über uns, im blauen Raum verloren,
Ihr schmetternd Lied die Lerche singt,
25 Wenn über schroffen Fichtenhöhen
Der Adler ausgebreitet schwebt
Und über Flächen, über Seen
Der Kranich nach der Heimat strebt.
54. Frühzeitiger Frühling.
(1801.)
1. Tage der Wonne,
Kommt ihr so bald?
Schenkt mir die Sonne,
Hügel und Wald?
2. Reichlicher fließen
Bächlein zumal
Sind es die Wiesen?
Ist es das Tal?
3. Bläuliche Frische!
Himmel und Höh'!
Goldene Fische
Wimmeln im See.
4. Buntes Gefieder
Rauschet im Hain,
Himmlische Lieder
Schallen darein
5. Unter des Grünen
Blühender Kraft
dl.
Naschen die Bienen
Summend am Saft.
6. Leise Bewegung
Bebt in der Luft,
Reizende Regung,
Schläfernder Duft.
7. Mächtiger rühret
Bald sich ein Hauch,
Doch er verlieret
Gleich sich im Strauch.
8. Aber zum Busen
Kehrt er zurück.
Helfet, ihr Musen,
Traget das Glück!
9. Saget, seit gestern
Wie mir geschah?
Liebliche Schwestern,
Liebchen ist da!
55. Dauer im Wechsel.
(Frühjahr 1801.)
I, t£. 119.
1. Hielte diesen frühen Segen,
Ach, nur eine Stunde fest!
Aber vollen Blütenregen
Schüttelt schon der laue West.
Soll ich mich des Grünen freuen,
Dem ich Schatten erst verdankt?
Bald wird Sturm auch das zerstreuen.
Wenn es falb im Herbst geschwankt.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
225
2. Willst du nach den Früchten greifen,
Eilig nimm dein Teil davon!
Diese fangen an zu reifen,
Und die andern keimen schon.
Gleich mit jedem Regengüsse
Ändert sich dein holdes Tal,
Ach, und in demselben Flusse
Schwimmst du nicht zum zweiten Mal.
3. Du nun selbst! Was felsenfeste
Sich vor dir hervorgetan,
Mauern siehst du, siehst Paläste
Stets mit andern Augen an.
Weggeschwunden ist die Lippe,
Die im Kusse sonst genas,
Jener Fuß, der an der Klippe
Sich mit Gemsenfreche maß.
4. Jene Hand, die gern und milde
Sich bewegte wohlzutun,
Das gegliederte Gebilde,
Alles ist ein andres nun.
Und was sich an jener Stelle
Nun mit deinem Namen nennt,
Kam herbei wie eine Welle,
Und so eilt's zum Element.
5. Laß den Anfang mit dem Ende
Sich in eins zusammenziehn,
Schneller als die Gegenstände
Selber dich vorüberfliehn!
Danke, daß die Gunst der Musen
Unvergängliches verheißt,
Den Gehalt in deinem Busen
Und die Form in deinem Geist.
56. Schäfers Klagelied.
1. Da droben auf jenem Berge,
Da steh' ich tausendmal,
An meinem Stabe gebogen,
Und schaue hinab in das Tal.
2. Dann folg' ich der weidenden Herde,
Mein Hündchen bewahret mir sie;
Ich bin herunter gekommen
Und weiß doch selber nicht wie.
3. Da stehet von schönen Blumen
Die ganze Wiese so voll;
Ich breche sie, ohne zu wissen,
Wem ich sie geben soll.
(1801.)
I, S. 85.
4. Und Regen, Sturm und Gewitter
Verpass' ich unter dem Baum.
Die Türe dort bleibet verschlossen;
Doch alles ist leider ein Traum.
5. Es stehet ein Regenbogen
Wohl über jenem Haus!
Sie aber ist weggezogen,
Und weit-in das Land hinaus;
6. Hinaus in das Land und weiter,
Vielleicht gar über die See.
Vorüber, ihr Schafe, vorüber!
Dem Schäfer ist gar so weh. 57
57. Epilog zu Schillers Glocke.
(1805.)!)
Xvi, S. 165. „Freude dieser Stadt bedeute,
Friede sei ihr erst Geläute!"
1. Und so geschah's! Dem friedenreichen Klange
Bewegte sich das Land, und segenbar
Ein frisches Glück erschien; im Hochgesange
Begrüßten wir das junge Fürstenpaar;
Im Vollgewühl, in lebensregem Drange
Vermischte sich die tät'ge Völkerschar,
Und festlich ward an die geschmückten Stufen
„Die Huldigung der Künste" vorgerufen2).
’) 1815 erweitert um Strophe 6, 12 und 13. — 2) Schillers Festspiel „Die
Huldigung der Künste", gedichtet zum Empfang des Erbprinzen Karl Friedrich und
seiner Gemahlin Maria Paulowua, gelangte am 12. Nov. 1804 in Weimar zur Aufführung.
Buschmann, Leseb. f. d. ob. Kl. Ii. 10. Aust.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache]]
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Extrahierte Personennamen: Schäfers Karl_Friedrich Karl Friedrich Maria_Paulowua Maria Buschmann
226
2. Da hör' ich schreckhaft mitternächt'ges Läuten,
Das dumpf und schwer die Trauertöne schwellt.
Jst's möglich? Soll es unsern Freund bedeuten,
An den sich jeder Wunsch geklammert hält?
Den Lebenswürd'gen soll der Tod erbeuten?
Ach, wie verwirrt solch ein Verlust die Welt!
Ach, was zerstört ein solcher Riß den Seinen!
Nun weint die Welt, und sollten wir nicht weinen?
3. Denn er war unser! Wie bequem gesellig
Den hohen Mann der gute Tag gezeigt,
Wie bald sein Ernst anschließend, wohlgefällig
Zur Wechselrede heiter sich geneigt,
Bald raschgewandt, geistreich und sicherstellig
Der Lebensplaue tiefen Sinn erzeugt
Und fruchtbar sich in Rat und Tat ergossen,
Das haben wir erfahren und genossen.
4. Denn er war unser! Mag das stolze Wort
Den lauten Schmerz gewaltig übertönen.
Er mochte sich bei uns im sichern Port
Nach wildem Sturm zum Dauernden gewöhnen.
Indessen schritt sein Geist gewaltig fort
Ins Ewige des Wahren, Guten, Schönen,
Und hinter ihm in wesenlosem Scheine
Lag, was uns alle bändigt, das Gemeine.
5. Nun schmückt er sich die hohe Gartenzinne,
Von wannen er der Sterne Wort vernahm,
Das dem gleich ew'geu, gleich lebend'gen Sinne
Geheimnisvoll und klar entgegenkam.
Dort, sich und uns zu köstlichem Gewinne,
Verwechselt er die Zeiten wundersam,
Begegnet so, im Würdigsten beschäftigt,
Der Dämmerung, der Nacht, die uns entkräfligt.
6. Ihm schwollen der Geschichte Flut aus Fluten,
Verspülend, was getadelt, was gelobt,
Der Erdbeherrscher wilde Heeresgluten,
Die in der Welt sich grimmig ausgetobt,
Im niedrig Schrecklichsten, im höchsten Guten
Nach ihrem Wesen deutlich durchgeprobt. —
Nun sank der Mond, und zu erneuter Wonne
Vom klaren Berg herüber stieg die Sonne.
7. Nun glühte seine Wange rot und röter
Von jener Jugend, die uns nie entfliegt,
Von jenem Mut, der früher oder später
Den Widerstand der stumpfen Welt besiegt,
Von jenem Glauben, Oer sich stets erhöhter
Bald kühn hervordrängt, bald geduldig schmiegt,
Damit das Gute wirke, wachse, fromme,
Damit der Tag dem Edlen endlich komme.
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227
8. Doch hat er, so geübt, so vollgehaltig,
Dies brettecne Gerüste nicht verschmäht;
Hier schildert' er das Schicksal, das gewaltig
Von Tag zu Nacht die Erdenachse dreht;
Und manches tiefe Werk hat reichgestaltig
Den Wert der Kunst, des Künstlers Wert erhöht.
Er wendete die Blüte höchsten Strebens,
Das Leben selbst, an dieses Bild des Lebens.
9. Ihr kanntet ihn, wie er mit Riesenschritte
Den Kreis des Wollens, des Vollbringens maß,
Durch Zeit und Land der Völker Sinn und Sitte.
Das dunkle Buch mit heiterm Blicke las;
Doch wie er atemlos in unsrer Mitte
In Leiden bangte, kümmerlich genas,
Das haben wir in traurig schönen Jahren,
Denn er war unser, leidend miterfahren.
10. Ihn, wenn er vom zerrüttenden Gewüble
Des bittern Schmerzes wieder aufgeblickt
Ihn haben wir dem lästigen Gefühle
Der Gegenwart, der stockenden, entrückt,
Mit guter Kunst und ausgesuchtem Spiele
Den neubelebten, edlen Sinn erquickt
Und noch am Abend vor den letzten Sonnen
Ein holdes Lächeln glücklich abgewonnen.
11. Er hatte früh das strenge Wort gelesen,
Dem Leiden war er, war dem Tod vertraut.
So schied er nun, wie er so oft genesen;
Nun schreckt uns das, wofür uns längst gegraut.
Doch schon erblicket sein verklärtes Wesen
Sich hier verklärt, wenn es herniederschaut.
Was Mitwelt sonst an ihm beklagt, getadelt,
Es hat's der Tod, es hat's die Zeit geadelt.
12. Auch manche Geister, die mit ihm gerungen,
Sein groß Verdienst unwillig anerkannt,
Sie fühlen sich von seiner Kraft durchdrungen,
In seinem Kreise willig festgebannt.
Zum Höchsten hat er sich emporgeschwungen,
Mit allem, was wir schätzen, engverwandt.
So feiert ihn! Denn was dem Mann das Leben
Nur halb erteilt, soll ganz die Nachwelt geben.
13. So bleibt er uns, der vor so manchen Jahren —
Schon zehne sind's — von uns sich weggekehrt.
Wir haben alle segenreich erfahren,
Die Welt verdank' ihm, was er sie gelehrt.
Schon längst verbreitet sich's in ganze Scharen,
Das Eigenste, was ihm allein gehört.
Er glänzt uns vor, wie ein Komet entschwindend,
Unendlich Licht mit seinem Licht verbindend.
15*
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TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann]]
284
3. I m Spessart.
(1806.)
A. a. O-, S. Ho.
1. Gegrüßt sei du, viellieber Wald!
Es rührt mit wilder Lust,
Wenn abends fern das Alphorn schallt,
Erinnrung mir die Brust.
2. Jahrtausende wohl standst du schon,
O Wald, so dunkel, kühn,
Sprachst allen Menschenkünsten Hohn
Und webtest fort dein Grün.
3. Wie mächtig dieser Äste Bug!
Und das Gebüsch, wie dicht!
Was golden spielend kaum durchschlug
Der Sonne funkelnd Licht.
4. Nach oben strecken sie den Lauf,
Die Stämme grad' und stark;
Es strebt zur blauen Luft hinauf
Der Erde Trieb und Mark.
5. Durch des Gebildes Adern quillt
Geheimes Lebensblut,
Der Blätterschmuck der Krone schwillt
In grüner Frühlingsglut.
6. Natur, hier fühu ich deine Hand
Und atme deinen Hauch;
Beklemmend dringt, und doch bekannt.
Dein Herz in meines auch.
7. Dann denk' ich, wie vor alter Zeit,
Du dunkle Waldesnacht,
Der Freiheit Sohn sich dein gefreut
Und was er hier gedacht.
8. Du warst der Alten Haus und Burg;
Zu diesem grünen Zelt
Drang keines Feindes Ruf hindurch,
Frei war noch da die Welt.
4. Gelübde
(Anfang 1809.)
A. a. O., S. 159.
1. Es sei mein Herz und Blut geweiht,
Dich, Vaterland, zu retten!
Wohlan, es gilt, du seist befreit!
Wir sprengen deine Ketten!
Nicht fürder soll die arge Tat,
Des Fremdlings Übermut, Verrat
In deinem Schoß sich betten.
2. Wer hält, wem frei das Herz noch
schlägt,
Nicht fest an deinem Bilde?
Wie kraftvoll die Natur sich regt
Durch deine Waldgefilde,
So blüht der Fleiß, dem Neid zur Qual,
In deinen Städten sonder Zahl,
Und jeder Kunst Gebilde.
3. Ter deutsche Stamm ist alt und stark.
Voll Hochgefühl und Glauben,
Die Treue ist der Ehre Mark,
Wankt nicht, wenn Stürme schnauben.
Es schafft ein ernster, tiefer Sinn
Dem Herzen solchen Hochgewinn,
Den uns kein Feind mag rauben.
4. So spotte jeder der Gefahr,
Die Freiheit ruft uns allen.
So will's das Recht, und es bleibt
wahr,
Wie auch die Lose fallen.
Ja, sinken wir der Übermacht,
So woll'n wir doch zur Todesnacht
Glorreich hinüberwallen!
Friedrich Leopold Freiherr von Hardenberg (Novalis).
Friedrich Leopold Freiherr von Hardenberg (Tichtername: Novalis),
geboren den 2. Mai 1772 auf dem Gute Wiederstädt im Mansfeldiscken,
studierte in Jena die Rechte, war Assessor beim Salinendepartement in Weißenfels,
studierte dann Bergwissenfchaft in Freiberg, starb am 25. März 1801 in Dresden.
Werke: Lyrische Gedichte („Geistliche Lieder", „Hymnen an die Nacht") und der
unvollendete Roman „Heinrich von Ofterdingen", eine Verherrlichung der Romantik.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Leopold_Freiherr_von_Hardenberg Friedrich Leopold Novalis Friedrich_Leopold_Freiherr_von_Hardenberg Friedrich Leopold Novalis
295
11. Der König auf dem Turme.
(1805.)
• A. a. O., I, S. 14.
1. Da liegen sie alle, die grauen Höhn,
Die dunkeln Täler in milder Ruh';
Der Schlummer waltet, die Lüfte wehn
Keinen Laut der Klage mir zu.
2. Für alle hab' ich gesorgt und gestrebt,
Mit Sorgen trank ich den funkelnden Wein;
Die Nacht ist gekommen, der Himmel belebt,
Meine Seele will ich erfreun.
3. O, du goldne Schrift durch den Sternenraum!
Zu dir ja schau' ich liebend empor.
Ihr Wunderklänge, vernommen kaum,
Wie besäuselt ihr sehnlich mein Ohr!
4. Mein Haar ist ergraut, mein Auge getrübt,
Die Siegeswaffen hängen im Saal,
Habe Recht gesprochen und Recht geübt;
Wann darf ick rasten einmal?
5. O selige Rast, wie verlang' ick dein!
O herrliche Nacht, wie säumst du so lang',
Da ich schaue der Sterne lichteren Schein
Und höre volleren Klang! 12
12. Die Bildsäule des Bacchus.
(1814.)
A. a. O., I, S. 208.
Kallisthenes, ein Jüngling zu Athen,
Kam einst nach einer durchgeschwärmten Nacht,
Den welken Efeukranz ums wilde Haar,
Hintaumelnd in der Dämmerung nach Haus,
Er selber wie die Dämm'rung wüst und bleich. 5
Als nun der Diener nach dem Schlafgemach
Ihm leuchtet durch den hohen Säulengang,
Da tritt mit eins im vollen Fackelschein
Des Bacchus göttlich Marmorbild hervor,
Von schöpferischer Meisterhand geformt. 10
In Jugendfülle hebt sich die Gestalt;
Aus reichem, lang hinwallendem Gelock
Erglänzt das feingewölbte Schulternpaar,
Und unterm Schatten üppigen Geflechts
Von Rebenlaub und schwellender Traubenfrucht 15
Erscheint das runde, blühende Gesicht.
Erschrocken fährt Kallisthenes zurück
Bor der Erscheinung Herrlichkeit und Glanz;
Ihm ist, als hätte mit dem Thyrsusstab
Der Gott die Stirne strafend ihm berührt, 20
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
297
7. Die Kraft derselben Liebe,
Die du dem Knaben trugst,
Ward einst in dir zum Triebe,
Daß du den Zwingherrn schlugst.
Nie schlummernd, nie erschrocken,
War retten stets dein Brauch,
Wie in den braunen Locken,
So in den grauen auch.
8. Wärst du noch jung gewesen,
Da du den Knaben fingst,
Und wärst du dann genesen,
Wie du nun untergingst,
Wir hätten draus geschlossen
Auf künft'ger Taten Ruhm;
Doch schön ist nach dem großen
Das schlichte Heldentum.
9. Dir hat dein Ohr geklungen
Vom Lob, das man dir bot;
Doch ist zu ihm gedrungen
Ein schwacher Ruf der Not.
Der ist ein Held der Freien,
Der, wann der Sieg ihn kränzt,
Noch glüht, sich dem zu weihen,
Was frommet und nicht glänzt. 14
10. Gesund bist du gekommen
Vom Werk des Zorns zurück;
Im hilfereichen, frommen
Verließ dich erst dein Glück.
Der Himmel hat dein Leben
Nicht für ein Volk begehrt;
Für dieses Kind gegeben,
War ihm dein Opfer wert.
11. Wo du den Vogt getroffen
Mit deinem sichern Strahl,
Dort steht ein Bethaus *) offen,
Dem Strafgericht ein Mal^);
Doch hier, wo du gestorben,
Dem Kind ein Heil zu sein,
Hast du dir nur erworben
Ein schmucklos Kreuz von Stein.
12. Weithin wird lobgesungen,
Wie du dein Land befreit,
Von großer Dichter Zungen
Vernimmt's noch späte Zeit;
Doch steigt am Schächen nieder
Ein Hirt im Abendrot,
Dann hallt im Felstal wieder
Das Lied von deinem Tod."
14. Vor sacrum.
(1829.)
31. a. Q, I, S. 259.
1. Als die Latiner aus Lavinium
Nicht mehr dem Sturm der Feinde hielten stand,
Da hoben sie zu ihrem Heiligtum,
Dem Speer des Mavors, flehend Blick und Hand.
2. Da sprach der Priester, der die Lanze trug:
„Euch künd' ick, statt des Gottes, der euch grollt:
Nicht wird er senden günst'gen Vogelflug,
Wenn ihr ihm nicht den Weihefrühling zollt."
3. „Ihm sei der Frühling heilig!" rief das Heer,
„Und was der Frühling bringt, sei ihm gebracht!"
Da rauschten Fittiche, da klang der Speer,
Da ward geworfen der Etrusker Macht.
4. Und jene zogen heim mit Siegesruf,
Und wo sie jauchzten, ward die Gegend grün;
Feldblumen sproßten unter jedem Huf;
Wo Speere streiften, sah man Bäum' erblühn.
5. Doch vor der Heimat Toren, am Altar,
Da harrten schon zum festlichen Empfang
fl die Tellskapelle an der „hohlen Gasse" von Küßnacht. — 2) Erinnerungszeichen.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
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Da fuhr aus blauer Luft ein Strahl herab
Und traf den Speer und flammt' auf ihm empor.
18. Der Priester hob dahin sein Angesicht
(Ihm wallte glänzend Bart und Silberhaar),
Das Auge strahlend von dem Himmelslicht,
Verkündet' er, was ihm eröffnet war:
19. „Nicht läßt der Gott von seinem heil'gen Raub,
Doch will er nicht den Tod, er will die Kraft;
Nicht will er einen Frühling welk und taub,
Nein, einen Frühling, welcher treibt im Saft.
20. Aus der Latiner alten Mauern soll
Dem Kriegsgott eine neue Pflanzung gehn;
Aus diesem Lenz, inkräft'ger Keime voll,
Wird eine große Zukunft ihm erstehn.
21. Drum wähle jeder Jüngling sich die Braut,
Mit Blumen sind die Locken schon bekränzt;
Die Jungfrau folge dem, dem sie vertraut.
So zieht dahin, wo euer Stern erglänzt!
22. Die Körner, deren Halme jetzt noch grün,
Sie nehmet mit zur Aussaat in die Fern',
Und von den Bäumen, welche jetzt noch blühn,
Bewahret euch den Schößling und den Kern!
23. Der junge Stier pflüg' euer Neubruchland,
Auf eure Weiden führt das muntre Lamm,
Das rasche Füllen spring' an eurer Hand,
Für künft'ge Schlachten ein gesunder Stamm!
24. Denn Schlacht und Sturm ist euch vorausgezeigt;
Das ist ja dieses starken Gottes Recht,
Der selbst in eure Mitte niedersteigt,
Zu zeugen eurer Könige Geschlechts.
25. In eurem Tempel haften wird sein Speer;
Da schlagen ihn die Feldherrn schütternd an,
Wann sie ausführen über Land und Meer
Und um den Erdkreis ziehn die Siegesbahn.
26. Ihr habt vernommen, was dem Gott gefällt;
Geht hin, bereitet euch, gehorchet still!
Ihr seid das Saatkorn einer neuen Welt.
Das ist der Weihefrühling, den er will."
15. Gesang der Jünglinge.
(1805.)
A. a. O., I, S. 17.
1. Heilig ist die Jugendzeit.
Treten wir in Tempelhallen,
Wo in düstrer Einsamkeit
Dumpf die Tritte widerschallen!
Edler Geist des Ernstes soll
Sich in Jünglingsseelen senken,
Jede still und andachtsvoll
Ihrer heil'gen Kraft gedenken.
fl Romulus und Remus.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]